Naturkindergarten Jubiläum
“Wie ein Sechser im Lotto!” So hat es sich für eine Familie angefühlt, als die Zusage für einen Platz im Naturkindergarten zu ihnen ins Haus geflattert ist.
Etwas über ein Jahr ist es her, seitdem David Pielert und Vanessa Ehmer sich den Traum vom eigenen Naturkindergarten erfüllt haben. Zum Glück gab es auch große Befürworter im Gemeinderat, dem Bürgermeister, und von Seiten der Stadt allgemein, deren Zustimmung die Realisierung rasch voranbrachte.
Wie der Wald unsere Kinder wachsen ließ, kann man bereits nach dem ersten Jahr deutlich erkennen. Bei Herbststürmen, schneebedeckten Bäumen, ersten Frühlingsboten, und sommerlicher Hitze erlebten sie die vier Jahreszeiten. Auf dem größten Spielplatz ohne Dach und Wände können unsere Kinder ihren Freiraum ausleben. Während die Sonne durch das Blätterdach spitzt, schweben bunte Gebetsfähnchen vom Dach der Schutzhütte, zwischen den Bäumen gut versteckt steht eine Höhle, kleine Tische und Sitzgelegenheiten aus Baumstämmen umzingeln die Feuerstelle. Die Hütte selbst mit ihrem warmen Holzkleid sieht einladend aus. Es gibt einen Kamin für kalte Morgen, und in der Kuschelecke kann selbst der kleinste Entdecker neue Kraft tanken. Auch zum Bücher lesen, malen, und Gemeinschaftsspiele spielen gibt es auf der Terrasse genügend Platz. Seilkonstruktionen in unserem ganz eigenen Waldstück locken zum Balancieren über den “Piratensteg” oder die “Burmabrücke”.
Mit dem Morgenkreis starten wir in den Tag. Es wird ein Tageskind benannt. Die Kinder sammeln sich dort, konzentrieren sich. Sie nehmen wahr wo sie sind, eben mitten in der Natur.
Das Urspiel- Spiel in der Natur ist wichtig. Einfachste Materialien wie abgefallene Zweige, Zapfen, und Steine werden zu wahren Schätzen. Keiner muss ihnen zeigen was man daraus machen kann. Sie füllen Erde und Wasser in einen Topf, fügen zerkleinerte Blätter dazu, rühren um, formen Knödel, und fertig ist die Matschsuppe.
Im Wald werden alle Sinne eingesetzt, die Grob und Feinmotorik ständig gefordert. Im Rollenspiel verarbeiten sie ihren Alltag und erweitern ihren Erfahrungsschatz. Die Kinder gehen auf Entdeckungstour, wobei eigentlich der Weg das Ziel ist. Sie sind Forscher und untersuchen Pfützen und Bäche. Sie lauschen dem Gegackere der Nachbarshühner, oder einem Froschkonzert im Horbachsee. Achtsamkeit ist angesagt! Sie treffen viele Nacktschnecken und Regenwürmer, begrüßen und beobachten sie.
Sie lernen Feuer zu machen, das knistert so schön. Manchmal lauschen sie am Feuer einer Geschichte, oder singen Lieder, so wie die Indianer.
Sie sind echte Arbeiter. Sie sägen, schnitzen und hämmern.
Sie durften beim Aufbau der Jurte den Großen helfen, sie sind schließlich schon genauso stark wie sie.
Auch in einem Waldkindergarten gibt es ein Vorschulkonzept. Doch auch ohne ergibt sich Vorschule im Wald wie von selbst. Ständig wird gezählt, “wieviele Zapfen sind das? wieviele Kinder fehlen?” Und in Ästen und anderem entdecken die Kinder bald Buchstaben. Das Highlight war das Zelten mit den Erziehern. Die Vorschulkinder konnten aufs Neue ihren Teamgeist beweisen, und was alles bereits in ihnen steckt. Am Eingang zum Gelände stehen ihre 3 Pappmaché Kreationen. Sie sollen an sie erinnern, auch wenn sie schon lange in der Schule sind.
Gemeinsam mit all unseren Lieben, egal ob Groß oder Klein, ließen wir das erste Jahr im Naturkindergarten im Rahmen eines Sommerfestes ausklingen. Das bringt uns näher zusammen, und stärkt unser Gemeinschaftsgefühl, während wir rückblickend unseren Wachstum gebührend feiern können.
David Pielert und Vanessa Ehmer haben mit ihrer Idee die ersten Wurzeln gepflanzt. Inzwischen wachsen und gedeihen davon 20 Kinder, die im Matsch spielen und sich sprichwörtlich mit der Erde verwurzeln. Und wenn man sich die lange Warteliste mal so anschaut, kann man mit Überzeugung sagen: Dieser Wald wird noch lange Wurzeln schlagen!!
Frisch gewappnet mit einer extra Portion Mut und Selbstbewusstsein, fiebern die Kinder mit großer Spannung und Neugierde dem neuen Kindergartenjahr entgegen, wer weiß was für Abenteuer der Wald dieses Mal für sie im Gebüsch hat.
Claudia A.